Das schwarze Schaf in Dimapur

Von Imphal aus steigen wir in einen wackeligen Bus und fahren nicht nach Kohima, so wie vermutlich die meisten Touristen. Kohimas Hotels kosten uns zu viel, wir sehen die wunderschöne Stadt in den Bergen und die Madenverkäufer auf den Straßen aber aus dem Bus heraus.

Die Fahrt dauert viel zu lang. Erstens weil wir wegen diverser Erdrutsche einen Umweg fahren müssen. Zweitens werden wir wieder von diversen Militärs kontrolliert. Diesmal interessiert sich niemand für Ausländer und deren Pässe. Die Männer in beiger Uniform halten den vollen Bus an und filzen sämtliche Gepäckstücke im Bus. Der Umgangston ist nicht gerade freundlich und die riesigen Waffen baumeln um die Schultern der Herren wie Spielzeug. Wer schon einmal in den Überlandbussen Asiens gereist ist, weiß, wie groß die Gepäckstücke der Einheimischen sind. Sämtliche Säcke werden aufgeschnitten, der Inhalt sogar probiert und Taschen werden aus dem Bus gezerrt.

Die Weiterfahrt verzögert sich um beinahe eine Stunde als die Männer mehrere Taschen voller Stangen Zigaretten entdecken. Die Taschen inklusive Besitzerin müssen den Bus verlassen und es findet ein unhörbares Verhör am Straßenrand statt. Die Dame darf wieder zusteigen, allerdings ohne Gepäck. Sie ist barfuß und sieht ziemlich mitgenommen aus. Während des Rests der Reise machen wir nur eine 1-minütige Pinkelpause, für die wir uns am Straßenrand ins Gras hocken dürfen.

Nach 12 endlosen Stunden (unserer Snackbag sei Dank, wir verhungern nicht!) kommen wir völlig fertig in Dimapur an. Die staubigen Straßen liegen im indirekten Licht der wenigen noch offenen Restaurants. Endlich Essen! Es gibt Naan-Brot und lecker Curry in einem von Männern überfüllten Restaurants. Hier ist Alkohol verboten und doch sehen wir wie kleine Flaschen mit braunem Inhalt den Besitzer wechseln.

Auf geht es zum Hotel, das wir in weiser Voraussicht vorab gebucht haben. Wir kommen in unserem Hotel an (ein Hotel der indischen OYO-Kette, eine der größten Hotelketten der Welt) und man erklärt uns, dass unser Buchung nicht gültig sei, da das Hotel nicht mehr mit OYO zusammenarbeite.

Das hat uns nun gerade noch gefehlt! Statt den deutlich höheren Preis in dem Hotel zu zahlen, beharren wir auf unsere Buchung und Leo telefoniert sich mit dem Kundendienst von OYO in Rage. Nach einem 20-minütigen Gespräch mit einem Herren, der Leo erst einmal ein Konto erstellt, ihn fragt, mit wem er denn reise und ob diese Frau denn seine Ehefrau sei und er ihm daraufhin erklärt, dass es kein weiteres freies OYO-Hotel für die Nacht gebe, rastet Leo aus und lässt sich weiterverbinden. Es ist mittlerweile halb 11 und wir möchten einfach nur ins Bett. Leo spricht dann mit einer Dame, die ähnliche Fragen stellt, uns aber im Endeffekt ein Hotel besorgt (die Preisdifferenz zahlt immerhin OYO). Leo kann mithören während sie mit den alternativen Hotels verhandelt … alles etwas sonderbar, wenn ihr uns fragt!

So kommt es, dass man uns ins Bravo Hotel verfrachtet. Es liegt ziemlich weit außerhalb, aber der Manager ist wahnsinnig freundlich und gibt uns die beste Suite, eine kleine Wohnung nur für uns. Endlich fallen wir ins Bett!

Dimapur hat wenig Charme, wenn wir ehrlich sind. Es wimmelt von Tuk-Tuks (ich glaube, ich habe noch nie so viele auf einem Haufen gesehen), hier gibt es richtige Müllberge und sämtliche Straßen sind unasphaltiert.

Der Verkehr wirbelt den Staub auf und ständig fällt der Strom aus. Abends stellen die Kioskbesitzer dann kleine Kerzen in ihre Läden und die Stimmung ist irgendwie gemütlich.

Wir schlendern und sehen den Menschen bei der Arbeit zu. Hier trinken wir unseren ersten salzigen Lassi und mein Buttermilchherz schlägt höher – köstlich! Dass wir das indische Essen lieben, hatte ich schon erzählt? 🙂

Wir machen sogar einen Abstecher zu KFC und ich kann einen vegetarischen Burger im Menü bestellen. Ich fühle mich so normal, das tut gut!

Am Freitagabend fühlen wir uns fancy und haben Lust auf europäisches Essen. Dafür gibt es ein Restaurant in Dimapur: the black sheep (das schwarze Schaf), ein hippes Restaurant im zweiten Stock mit viel zu lauter Electro-Musik und Cocktails. Die Leute, die hier um uns herum an ihren Gläsern nippen, sehen ganz und gar nicht aus wie die einfachen Leute auf der Straße. Hierher kommen die rich kids!

Wir werden von einer extrovertierten Gruppe Einheimischen angesprochen und auf Shots eingeladen. Der Abend nimmt eine unerwartete Wendung und wir enden in irgendeinem Club, tanzen zu Musik und haben richtig Spaß. Im Rausch stornieren wir unser Zugtickets für den nächsten Tag und machen Pläne mit unseren neuen Freunden (ein Desginer, ein Musiker, ein Modell, ein Ingenieur). Wir werden in unser Hotel gebracht (in dem übrigens am Eingang in großen Lettern „Alcohol prohibitted“ steht) und stolpern in die Suite.

Das schwarze Schaf in  Dimapur

Wer lange reist, wird uns beipflichten, dass Alkohol und Party „Priorität Z“ ist. Es ist einfach zu teuer und der Tag danach ist es einfach nicht wert, wenn man Dinge sehen und erleben will. Normalerweise schlafen wir unsere 8-9 Stunden und Alkohol haben wir weiß ich nicht wann das letzte Mal getrunken.

Das Ende vom Lied ist, dass alle zu verkartert für unsere Pläne sind und wir unsere Freunde nicht wieder sehen. Wir zahlen die Nacht doppelt und haben Stornogebühren für die Tickets. Trotzdem hatten wir richtig Spaß und bereuen nichts! Fotos von der Nacht existieren übrigens nicht.

Montags brechen wir dann aber doch auf und nehmen den Zug nach Guwahati!

Das schwarze Schaf in  Dimapur

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