Momos in Guwahati

Wir schnappen uns die Rucksäcke, checken aus und verhandeln einen guten Preis mit einem Tuk-Tuk, mit dem wir zum Bahnhof fahren. Auf dem Gleis herrscht reges Treiben, riesige Pakete, viele Menschen, Taschen und Koffer. Wir freuen uns riesig auf unsere erste Zugfahrt in Indien! Der Zug ist das beliebsteste Transportmittel hier und es ist auch am günstigsten. Da wir nicht mehr fliegen möchten bis Delhi, sind wir überglücklich, dass wir alle langen Strecken mit dem Zug fahren können.

Wir haben versucht, unsere Tickets direkt am Bahnhof zu kaufen, aber das dauert ewig und man muss sich in lange Schlangen stellen. Zum Glück ist die Webseite der Indian Railway ziemlich intuitiv und wir kaufen alle Tickets online.

Unsere erste Fahrt bestreiten wir in der 2. Klasse. Unsere Plätze sind belegt und wir müssen insistieren, damit man sie für uns freigibt. Viele Leute stehen, es ist kein Platz für meinen Rucksack, den ich unter der Bank so gut es geht verstaue. Aber die Bänke sind gemütlich und so fahren wir gegen die Zugrichtung gen Westen, so wie schon die ganze Zeit während unserer Zeit in Asien.

Wir haben lange überlegt, ob wir nicht doch von hier aus in den Kaziranga National Park fahren sollen. Dort gibt es die größte Population der Panzernashörner, die man in Safaris aus der Nähe sehen kann. Entweder man steigt in den Jeep oder noch besser auf einen Elefanten, da die Nashörner Elefanten nicht als Feinde ansehen und man näherkommen kann. Da ist nun das Dilemma! Wir möchten nicht ein Tierwohl gegen das Andere aufwerten und entscheiden uns dagegen. Elefanten zu reiten geht gar nicht und einen Park zu unterstützen, der das anbietet, geht auch nicht! Da bleiben wir stark und verzichten auf die Erfahrung. Deshalb geht es nun also nach Assam.

Wir kommen in Guwahati an und es ist schon dunkel. Der Bahnhof ist sauber und auch die Straßen in Richtung unseres Airbnbs sind gepflastert, haben richtige Gehwege und alles kommt uns verwunderlich steril vor. Wir werden von unserem Gastgeber Partha in Empfang genommen und betreten unser farbenfrohes, kleines Appartment für die nächsten Tage. Partha wohnt mit seiner Frau nebenan, seine Eltern wohnen unter uns.

Wir machen Pläne für unsere letzten Wochen der Reise, für unsere Zeit in Indien. Wer mit dem Zug reisen möchte, muss leider vorab buchen, sonst ist alles schon ausgebucht. Deshalb wissen wir nun schon, wo wir wann sein werden, bis kurz vor Weihnachten unser Flug zurück in die Heimat geht.

Partha ist sehr herzlich und gesprächig. Von ihm lernen wir ein paar Worte Assamesisch, schauen uns das Album seiner Hochzeit an und quatschen über das Reisen. Seine Mutter spricht wenig Englisch, schenkt uns aber Assam-Tee ein und zeigt uns Fotos von ihren Reisen in Europa. Wir fühlen uns schnell Zuhause hier!

Momos in Guwahati
Partha, unser Gastgeber hier

Guwahati schließen wir sofort ins Herz! Vielleicht liegt es an unserer netten Unterkunft, vielleicht an der Erfahrung, die wir in einem der ältesten Hindu-Tempeln des Landes machen, von der ich euch erzählen möchte.

Wir schlendern am Flussufer entlang, es ist morgens, aber nicht sonderlich früh. Die Händler auf dem kleinen Fischmarkt sind schon fast ausverkauft und es riecht nach Fisch auf der Straße. Wir möchten den Umananda Tempel besuchen und wundern uns über die Menschenmassen, die in die selbe Richtung streben. Mit hunderten Indern und Inderinnen in traditioneller Kleidung und dem roten Punkt auf der Stirn nehmen wir die Fähre zu der kleinen Insel, auf der Umananda Tempel steht.

Wir ziehen die Schuhe aus und betreten den Komplex, der von Militärs bewacht wird. Am Schrein von Vishnu verbeugen wir uns und werden von einem der Mönche dort gesegnet und er malt auch uns den roten Punkt auf die Stirn. Eine lange Schlange bildet sich, um den unterirdischen Schrein für Shiva zu betreten. Wir sind begeistert von der Offenheit der Hindus, die das Ritual gern mit uns teilen. Es ist „holy bath“ und die Leute hier kommen aus allen Teilen des Landes, um ihre Götter genau hier zu verehren.

Wir lernen eine Gruppe Freunde aus Südindien kennen, die sich für den heutigen Tag 60 Stunden (!) in einen Zug gesetzt haben. Morgen geht es schon wieder zurück. Wir unterhalten uns total nett während wir warten. In Shivas Schrein knien die Menschen nieder und verbeugen sich tief. Draußen werden Kerzen und Inzensien angezündet. Ein wunderschönes Ritual, das wir leider nicht im Ansatz verstehen. Hinduismus ist eine wirklich verwirrende Religion, wenn man sich noch nicht viel damit beschäftigt hat.

Momos in Guwahati

Unsere Bekannten laden uns auf Chai und Süßigkeiten ein und wir nehmen die Fähre zurück nach Guwahati. Wir verabschieden uns herzlich und gehen wieder unserer Wege. Ich kann verstehen, warum sie sagen, dass es keine schöneren Frauen als Frauen im typischen Saree gibt. Diese Kleidung und ihre Farbenpracht fasziniert uns immer wieder aufs Neue!

Auf einem der grünen Plätze wird Cricket trainiert, aus der High Court kommen Männer und Frauen in langen schwarzen Roben, wir trinken salzigen Lassi und spielen Karten.

Momos in Guwahati
Cricket

Mit Partha besuchen wir das War Memorial und probieren leckeres Street Food. Wir essen zum ersten Mal Momos, eine Art Maultasche, die es vor allem in Bengalen gibt, die hier aber auch sehr populär sind. Der Nudelteig ist hier mit Zwiebeln gefühlt, dazu gibt es eine scharfe Soße.

Danach probieren wir Panipurri. Das sind runde, hohle, knuspriege Teigbällchen, die mit Kartoffelbrei und Gewürzen gefüllt wird. Dazu kommt eine sehr flüssige Soße. An diesem Stand probieren wir Panipurri in fünf Geschmäckern von sehr scharf bis süß und genießen die Geschmacksexplosion im Mund – Köstlich!

Momos in Guwahati
Panipurri

Guwahati kann aber noch mehr! Jedes Mal, wenn wir über den Bahnhof in die andere Richtung laufen, eröffnet sich uns eine neue Welt. Leo läuft ganz langsam über die Überführung und betrachtet die vielen unendlich langen Züge. Nur für Züge bremst mein Mann seinen Schritt 🙂

Auf der anderen Seite ist Bazar und es ist staubig und chaotisch. Wir scheinen in einem eher reichen Teil der Stadt zu wohnen und hier sind wir dann doch im Indien, dass wir kennen. Von hier aus nehmen wir dann auch den Minivan in Richtung Süden, wo wir einige Tage in Nongriat und Umgebung verbringen.

Nach unserem 3 Tages – Ausflug (siehe separaten Eintrag) kommen wir noch einmal für zwei Nächte zurück nach Guwahati und besuchen das Momofest, ein Festival, bei dem wir uns durch sämtliche Arten von Momos probieren und die Klassiker hinter uns lassen. Hier gibt es Knoblauch Honig Momos, gegrillte Tandoori Momos, Momos mit Zitronengras und zum Nachtisch sogar Schokoladenmomos. Dazu gibt es Elektro-Musik aufs Ohr, die uns eher nicht so gefällt, aber die höhere Mittelklasse beim Schlendern über das Gelände zu beobachten macht richtig Spaß.

Wir verabschieden uns von Partha und seiner Familie und nehmen unseren ersten Nachtzug nach West-Bengalen. Unser nächstes Ziel: Darjeeling mit Blick ins Himalaya!

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