Ciudad Perdida – ein Abenteuer

Die ciudad perdida („die verlorene Stadt“) ist eine archäologische Zone mitten in der Sierra Nevada von Santa Marta, die auf etwa 1.200 Metern über dem Meer liegt. Es ist nicht möglich dorthin per Bus oder Auto zu gelangen – man muss dorthin laufen. Wir entscheiden uns für eine 4-Tagestrekkingtour, um die Stätte und die Umgebung kennenzulernen. Die Route ist anstrengend und wenn man sich dafür registriert wird darauf hingewiesen, dass man fit sein muss und Lust darauf haben muss, aus der eigenen Komfortzone zu kommen.

Fit sind wir eher nicht so, aber wir haben riesige Lust raus aus der Komfortzone zu kommen. Mir kommen kurze Zweifel auf während wir den Vulkan Pacaya in Antigua besteigen. Immer wieder muss ich nach Atem schnappen und so richtig fit für die Tour fühle ich mich nicht. Ich hake bei dem Veranstalter nach, ob ich in meinem Tempo gehen darf und sie beruhigen mich und versichern mir auch, dass ich im Camp bleiben darf und umdrehen, wenn ich nicht mehr kann – das entspannt mich, aber nervös bin ich trotzdem.

Am 25. morgens um 8 Uhr werden wir dann für unser Abenteuer im Hostel abgeholt. Alle Leute sehen natürlich ultra fit und muskelbepackt aus (manche machen sogar Stretchübungen bevor wir in die Jeeps steigen). Man teilt uns in drei Gruppen à 11 Personen ein.

In einem Jeep geht es dann für ein paar Stunden aus Santa Marta raus, hinein ins Vergnügen! Wir fahren über holprige Straßen, durch riesige Pfützen und lernen unsere Gruppe kennen. Mit Brooke und Alex, einem jungen Ehepaar aus Chicago verstehen wir uns auf Anhieb – mit ihnen werden wir eine wunderbare Zeit verbringen! Bei uns im Wagen sitzen noch Minh aus Austin und the family mit Andica, Blaine und ihren zwei pubertierenden Söhnen Jared und Jake aus New York. Eng gequetscht quatschen wir über unsere Reisen und was man alles in Kolumbien sehen kann.

 

Ciudad Perdida - ein Abenteuer

 

In El Mamey angekommen, gibt es sehr leckeres Mittagessen und wir lernen unseren Guide Wilson, seinen Neffen Willy und seinen Hund Bruno sowie die zwei Griechen Angela und George (das sind ihre „verenglischten Namen“ – sie werden es uns verzeihen), die auch Teil unserer Gruppe sind, kennen.

Danach beginnt unsere erste Etappe mit viel Auf und wenig Ab (auf dem Rückweg stelle ich fest, dass das Ab schon echt schlimm lang war!). Es ist sehr heiß und wir schwitzen was das Zeug hält, aber wir bekommen unterwegs reichlich Wassermelone bevor wir nachmittags im ersten Camp ankommen.

Wilson erklärt uns alles zu den Pflanzen auf dem Weg, vor allem zur Coca-pflanze, die in dieser versteckten Region im großen Stil angebaut wurde und die Bauern entsprechend reich gemacht hat. Nachdem die Regierung ein Ultimatum gestellt hat, hat man sich von Coca verabschiedet und fokussiert sich nun auf den Tourismus. Es werden Esel benötigt, die Gas und Essen zum Kochen transportieren und es braucht die Camps für die Touristen, die auf dem Weg irgendwo schlafen müssen.

Die Camps sind sehr einfach eingerichtet. Es gibt kein warmes Wasser, kein Netz (wozu braucht man das auch?), die Betten sind mit Moskitonetzen ausgestattet und einfachen Decken. Man kocht uns ein leckeres Abendessen mit Fisch (für mich gibt es Ei) und noch vor 20:30 Uhr legen wir uns hin. Morgen müssen wir um 5:00 Uhr aufstehen.

Ciudad Perdida - ein Abenteuer
Camp, in dem wir schlafen

Die Kleidung, die wir aufgehängt haben, ist noch ziemlich feucht und die Sonne ist noch nicht ganz aufgegangen als wir aufbrechen, um 7-8 Stunden weiter zu wandern. Wir laufen bergauf und -ab über Stock und Stein und neben uns geht langsam die Sonne auf. Ihre Strahlen kriechen langsam über die grünen Berge und es ist unglaublich, wie der Nebel durch ihre Wärme aufsteigt. Wir laufen in unserem eigenen Tempo, die einen warten auf die anderen – ich habe mich auf der Tour nie schlecht gefühlt, alle genießen die Erfahrung so viel wie möglich.

Geschwommen und gewaschen wird sich in eiskalten Flüssen, die Moskitos stechen uns, wir spielen abends Karten, lachen…wir sehen Raupen in verrückten Farben, Kolibris, wilde Schweine, Kühe und vor allem ganz viele Esel auf unserem Weg.

Wir kommen an Kakao- und Bananenpflanzen vorbei und probieren auch das Coca, das in der Kultur der Kogui, eine der indigenen Gruppen, die hier in der Sierra lebt, als natürliches Doping sehr verwurzelt ist. Der Mund wird taub, mehr passiert bei der Menge nicht. Wir sehen wie die Koguis mit ihren Familien leben und lernen ihre Kultur kennen und sind in dieser wunderbar schönen, grünen Natur.

Am dritten Tag machen wir uns dann noch vor Sonnenaufgang auf den Weg zur verlorenen Stadt. Man muss einen Fluss durchqueren und die Wanderschuhe über die Schultern schwingen und dann mehr als 1.200 Stufen erklimmen, bevor man endlich in der archäologischen Zone ankommt, die für religiöse Rituale genutzt wurde. Das, was von der Stadt geblieben ist, sind die Steinterrassen und die steinernen Grundflächen der runden Häuser, die hier einst aus Pflanzen gebaut wurden. Es wurde auch nicht alles ausgegraben, da das Gebiet so schwer zu erreichen ist.

Nach all den zurückgelegten Schritten fühle ich mich so frei und dankbar als die Sonne langsam an einem blauen Himmel aufgeht. Großartig!

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Noch am selben Tag geht es wieder auf dem selben Weg zurück in die Zivilisation. Dieser Tag ist schwer. Mir tun Knie und Füße weh, aber ich gehe weiter – was bleibt mir auch anderes übrig? Am Ende des Tages erfrischen wir uns in einem Fluss und all der Schmerz und Schweiß ist wieder vergessen.

Der letzte Tag ist nochmal ziemlich hart. Andica, die sich zur Mama der Gruppe gemausert hat, versorgt mich mit Proteinriegeln und die letzten Kilometer zurück nach El Mamey legen wir alle gemeinsam zurück, um als Gruppe anzukommen. Wir betreten das Dorf und es fühlt sich seltsam an. Von irgendwoher erklingt laute Salsamusik, die Leute sitzen auf ihren Terrassen und unter uns liegt seit Langem wieder fester Untergrund.

Letztendlich kommen wir sicher am Ausgangspunkt an und sind alle glücklich, dass wir es geschafft haben und diese einmalige Erfahrung machen durften.

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